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LISSABON

FRöHLICHE WEHMUT

 
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Lissabon, Praca do Comercio (C) Foto Julius Bruecke des 25. April (C) Foto Julius Schraegseilbahn (C) Foto Julius A Brasileira (C) Foto Julius Lissabon, Alfama (C) Sean Pavone 2015, Fotolia.com Torre de Belem (C) Elisabeth Kneissl-Neumayer Sintra (C) Elisabeth Kneissl-Neumayer Cabo da Roca (C) Elisabeth Kneissl-Neumayer
 

„Europa weiß wohl, wo Portugal liegt, doch ich wage weiterhin zu bezweifeln,
dass dieses Europa weiß, was Portugal ist.“
José Saramago

Es gibt Städte, die besuche ich nur einmal. Ich habe alles gesehen, zumindest fast alles. Und es war schön, aber es genügt.
Und dann gibt es ganz andere: Ich komme hin und ich bin in der Fremde und irgendwie auch zuhause. Und ich möchte wieder und wieder dorthin fahren.
Lissabon ist von dieser Art. Man ist mit dieser Stadt am Tejo, der ja fast schon das Meer ist, nie fertig. Und man möchte auch gar nicht fertig sein!
Es gibt Plätze und Gassen, Lokale und Kirchen, die ihren eigenen Charakter haben.

Da ist die elegante Unterstadt Baixa mit schönen Einkaufsstraßen, edlen Boutiquen und Einkaufstempeln. Gewiss – sie könnten auch woanders sein – dieselben Marken, Werbesujets... Aber dann schaut man auf das kunstvolle Straßenpflaster, auf die Bausubstanz, auf die Menschen – und es ist eindeutig Lissabon!

Eine Stadt mit Geschichte, großer Geschichte – auch tragischer. Denn diese schnurgeraden Straßen, diese systematisch angelegten Plätze sind das Ergebnis des Wiederaufbaus nach dem entsetzlichen Erdbeben von 1755 mit unvorstellbar vielen Toten.

Am Ufer des Flusses befindet sich der große und schöne Comércio-Platz – einst stand hier die königliche Residenz. Der Blick schweift über den breiten Fluss auf das andere Ufer, den Stadtteil Cacilhas, die Christus-Statue (Cristo Rei), die Brücke des 25. April (das Datum des friedlichen Übergangs von der Diktatur zur Demokratie, als Nelkenrevolution bekannt) bis zur Vorstadt Belem.
Durch die Rua Augusta gelangt man zum zentralen Rossio-Platz mit Springbrunnen, Theater, der Statue von Don Pedro, Bahnhof... Aber auch mit vielen Lokalen und Geschäften – eines davon vertreibt nur Sardinen in Dosen (es gibt etliche davon in der Stadt).
Eine sehr beliebte Köstlichkeit ist Kirschlikör – Ginja. Am Ende dieses Platzes beginnt auch eine Lokalmeile – aber eigentlich ist ganz Lissabon gespickt mit vielen oft recht preiswerten Lokalen. Unbedingt probieren sollte man Fisch und Meeresfrüchte. Ganz verrückt sind die Einheimischen nach Kabeljau – Bacalhau. Eingesalzen und getrocknet sieht man ihn aufgetürmt in manchen Geschäften.

Lissabon ist wie Rom auf 7 Hügeln erbaut – gefühlt sind es mindestens zwanzig.
Das heißt, es geht bergauf und bergab. Zu Fuß, mit dem Taxi, noch besser mit einem altehrwürdigen Aufzug (Santa Justa) oder mit einer der eindrucksvollen Schrägseilbahnen. Nicht zu vergessen mit der nostalgischen, teilweise sich mit atemberaubendem Tempo dahinschlängelnden Linie 28 – ein Erlebnis für sich.

Wer möglichst originales und originelles Lissabon möchte, erkundet die Altstadt Alfama.
Vom Erdbeben großteils verschont, winden sich Gassen und Wege den Hügel zur Festung São Jorge hinauf, an der Kathedrale vorbei. Sehr beliebt sind auch schöne und schön gelegene Aussichtsplätze (Miradouros) mit Blick auf den Tejo, den Gegenhügel Chiado, die Unterstadt.
Hier nimmt das Leben noch seinen unverfälschten Gang. Sich zu verlaufen gehört zum Erkunden dazu und lässt einen Alt-Lissabon erleben.
Erleben kann man Lissabon auch in einem kleinen Fado-Lokal. Ja - dieser melancholisch-wehmütige Gesang macht die Seele Lissabons (mit) aus. Er handelt von (vergeblicher) Liebe, von Abschied, von der Sehnsucht, ist traurig und fröhlich zugleich. Unsere Favoritin zur Zeit ist eindeutig Mariza!

Was macht Portugal, Lissabon aus?
Fado – Fußball – Fatima sagen manche. Und es ist sicher nicht falsch.
Die großen Fußballhelden der Vergangenheit und der Gegenwart genießen höchste Verehrung: Cristiano Ronaldo, Luis Figo und der unvergessene Eusebio ganz besonders.
Auch die Religiosität ist ausgeprägter als bei uns. Unvergesslich bleibt mir nicht Fatima, sondern eine Marienprozession in Cacilhas (Teil von Lissabon jenseits des Tejo) zu Allerheiligen. Durch die engen Gassen und über den Hauptplatz hin drängten sich Menschenmassen, um ihre Maria zu begleiten - von der Kirche durch den Ort und wieder zurück. Alte schwarz gekleidete Frauen winkten mit weißen Tüchern der Statue nach.

Aber auch der gegenüberliegende Hügel mit dem Chiado-Viertel ist einen Besuch wert. So erwarten uns wieder schöne schattige Aussichtsplätze, wunderbare Kirchen (etwa São Roque), Theater, einladende Plätze teils zu Ehren bedeutender Dichter (z.B. für Luís de Camoes), das klassische Kaffeehaus A Brasileira mit der oft von Touristen belagerten Statue des Dichters von Lissabon schlechthin – Fernando Pessoa. Er verließ Lissabon kaum – für ihn war diese Stadt die Welt, seine Welt:
„Für den Reisenden, der sich auf dem Seeweg nähert, erhebt sich Lissabon, selbst von weither, wie ein schönes Traumgesicht. Gestochen scharf steht es vor einem strahlend blauen Himmel, den die Sonne mit ihrem Gold erheitert. Wie das Schiff weitergleitet, verengt sich der Fluss, um bald wieder breiter zu werden. Dann scharen sich zur linken Seite über den Hügeln hell die Häuser. Das ist Lissabon."

Zu bestaunen gibt es auch die Carmo-Kirchenruine, so stehengeblieben nach dem verheerenden Erdbeben, das die Stadt und das Denken der Menschen erschütterte und vielfach zerstörte.
Daneben warten viele, auch recht originelle Bars und Lokale auf Besucher. Es gibt auch ein Portweinlokal mit einer fast unendlichen Auswahl dieses edlen Getränks.
Interessant ist es auch, in einem der Straßenlokale zu sitzen und den Leuten zuzusehen. Wie sie miteinander umgehen, lachen, plaudern... Die Portugiesen sind überaus freundlich und hilfsbereit!

Auch ein sehr modernes Lissabon gibt es – an der Stelle alter Industriebetriebe errichtet für die EXPO 1998 - mit spektakulären Bauten etwa dem Bahnhof Oriente von Santiago Calatrava. Durch die Expo wurde das gesamte Gelände neu gestaltet und neu bebaut. Erwähnenswert ist auch das großartige Aquarium. Über dem Tejo fährt eine Seilbahn (mit Österreichbezug – Fa. Doppelmayr) an der Längsseite des Geländes entlang.

Auch die Umgebung von Lissabon ist sehens- und besuchenswert. Der Vorort Belem wartet mit wunderbaren Bauten auf, vor allem mit dem grandiosen Hieronymus- (eigentlich korrekt Hieronymiten-)Kloster mit wunderbarem Kreuzgang, der im einzigartigen manuelinischen Baustil errichtet wurde (eine speziell portugiesische Weiterentwicklung der Spätgotik zur Zeit von König Manuel – und jeder Superlativ ist hier korrekt gesetzt!).
Belem steht in enger Verbindung zur Seefahrt und den frühen Entdeckern – das Grabmal Vasco da Gamas befindet sich in der Klosterkirche. Wenig davon entfernt am Ufer des Tejo erinnert das Denkmal der Seefahrer an die waghalsigen Abenteurer, die damals ihr Leben riskierten, um unbekannte Meere zu überqueren.
Und dann gibt es natürlich noch ein Wahrzeichen Lissabons zu bewundern, den ebenfalls im manuelinischen Stil errichteten Torre de Belem (einst ein Wachturm im Fluss).
Nicht versäumen sollte man eine „süße“ Institution in Belem: das Kaffeehaus Pasteis de Belem mit der köstlichen Blätterteigspezialität: gefüllt mit Eiercreme, die Oberfläche gut gebräunt, obendrauf noch etwas Zimt...
Und das alles in einem altehrwürdigen Kaffeehaus mit wunderbar gekachelten Wänden.

Von Belem kann man in weitere Vororte entlang der Küste unterwegs sein, besonders schön und lebendig ist das alte Fischerstädtchen Cascais. Ebenfalls unbedingt besuchenswert ist die ehemalige königliche Residenz Sintra mit alten Palästen, wunderbaren Gartenanlagen in angenehmem Klima. Für Lord Byron war es sogar sein Garten Eden.
Nicht fehlen sollte der westlichste Punkt des europäischen Festlandes - Cabo da Roca.
150 Meter fällt die Steilküste zum Atlantik ab, häufig sehr stürmisch.
Und dann geht’s wieder zurück nach Lissabon.
Denn:
Lissabon ist eine Reise wert – nicht nur eine!

Text von Mag. Leo Neumayer

 
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