Die Reisebranche hat einen ihrer großen Vordenker und Pioniere verloren. Mit nur 74 Jahren erlag Christian Kneissl, Firmengründer und langjähriger Eigentümer und Geschäftsführer von Kneissl Touristik, seiner kurzen, schweren Krankheit. Christian Kneissl war nicht nur ein bekennender Reiseenthusiast aus Leidenschaft, er verwandelte seinen Reisetraum in ein Leben, das sich rund um das Thema Reisen drehte. Es war ihm das größte Anliegen, mit Kneissl Touristik die Reiseträume von vielen Menschen verwirklichen zu können.
Sein Antrieb war eine Mischung aus Romantik, Neugierde, Fachinteresse, Lust am Fotografieren, Freude an Erzählung, Drang, die Welt zu entdecken. Die frühen 70er Jahre des 20. Jahrhunderts boten für Menschen wie Christian Kneissl alle Möglichkeiten, sich zu verwirklichen und den eigenen Weg zu gehen. Wer infiziert war von einer Idee, wer sich inspirieren ließ, konnte im Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit alles erreichen. Christian Kneissls Inspirationsquelle waren die Filme und Fernsehsendungen des Leiters des Frankfurter Zoos, Bernhard Grzimek. Dessen mit dem Oscar preisgekrönter Film „Serengeti darf nicht sterben“ aus dem Jahr 1960 weckte bei vielen Menschen das Interesse an der Tierwelt im östlichen Afrika. Bei Christian Kneissl wurden dieser Film und viele weitere Bücher und Filme von Grzimek, Eugen Schuhmacher, Heinz Sielmann, Heinrich Harrer, Herbert Tichy zu Inspirations- und Sehnsuchtsquellen. Schon der Student engagierte sich daher bei der Österreichischen Naturschutzjugend in Wels - und das war der Auftakt für seine künftigen Aktivitäten, die sich parallel zum Studium der Geografie und Biologie an der Universität Salzburg zu einem Ziel verdichteten: Reisen in die weite Welt anzubieten. „Ich war bei der Naturschutzjugend OÖ/Wels aktiv und organisierte für die Jugendlichen Reisen im Rauriser Tal, in der Schweiz, in Süditalien, Rumänien, … Die Kinder und Jugendlichen waren begeistert und die Eltern wollten diese Reiseziele auch kennenlernen. Das war die Keimzelle der Kneissl Touristik - Jahre bevor das Unternehmen gegründet wurde, ging es nach Ägypten, Island, Ladakh, Florida, Südafrika …“Mit im Boot war damals schon seine Schwester Elisabeth Kneissl-Neumayer, die Jugendliche engagierte sich wie ihr Bruder mit Begeisterung für die ÖNJ, baute später mit ihm gemeinsam die Kneissl Touristik auf, die sie heute als Geschäftsführerin leitet.
Noch vor Ende des Studiums unterrichtete Christian Kneissl am Gymnasium Dr. Schauer-Straße, in den Ferien waren er und Elisabeth Kneissl nebenberuflich als Reiseleiter tätig. Ab 1980 folgte der Schritt in den Tourismus als Hauptstandbein, bei sabtours war er unter der Marke „natur & reisen“ mit der Kreation, Ausschreibung und Abwicklung von naturkundlichen Reisen tätig. 1984 gründete er gemeinsam mit seiner Frau Gertraud Kneissl die Kneissl Touristik. „Wir waren auf dem österreichischen Markt Pioniere und sind angetreten, leistbare Reisen für Menschen mit Reiselust, Fernweh und Neugierde anzubieten. (Flug)Reisen und Fernreisen waren teuer und so startete das Kneissl-Produkt mit ZeltReisen und Campingküche – wir waren erstklassige Kunden von Inzersdorfer– und Reiter-Dosengerichten! Der Markt hat auf dieses Angebot gewartet – und viele jüngere und ältere Menschen sind begeistert mitgereist. Viele Lehrer waren unter den Erstkunden und für sie haben wir in all den Jahren die besten Ferientermine ausgeschrieben.“
Das Unternehmen expandierte, neben Reisebüros in Österreich, wurden auch Reisebüros in München und Passau eingerichtet. Krisen begleiten das Reisegeschäft immer, 1990 setzte zum Beispiel der zweite Golfkrieg der Reiselust einen Dämpfer. 1997 versicherte sich Christian Kneissl in sabtours eines starken Partners und setzte damit Weichen für die Zukunft. Als Christian Kneissl 2015 pensionsbedingt seine Tätigkeit bei „seiner“ Kneissl Touristik beendete, konnte er mit Stolz auf ein geglücktes Lebenswerk blicken: Immer engagierte sich der begeisterte Fotograf, dessen Liebe der Tierwelt im östlichen und südlichen Afrika galt, in Organisationen wie dem Zoo Schönbrunn mit seinem langjährigen Direktor Helmut Pechlaner, und dem Zoo Schmiding bei Wels. Noch vor wenigen Wochen begeisterte ihn die Geburt eines Gorilla-Babys im Schmidinger Zoo. Viele Reisen im südlichen Afrika, die heute selbstverständliche Klassiker im Kneissl-Angebot sind, gehen auf die ErkundungsReisen von Christian Kneissl zurück. Seine Kombination der Namibia-Reise mit Chobe NP und Viktoria Fällen setzte Maßstäbe, so wie die Reise zur Wildblumenblüte im Westen Südafrikas u.v.m. Um ideale Fotos von Elefanten, Löwen und Co zu bekommen, positionierte er sich in nächster Nähe mit seiner Kamera und dem schweren Objektiv – nicht einmal ist es passiert, dass er sich vor allzu neugierigen Wildtieren in Sicherheit bringen musste.
Christian Kneissl liebte den Austausch mit Menschen, die sich auch für Fotografie, Geografie und Biologie interessierten oder in ihrem Fach Großes geleistet haben. Er bewunderte zum Beispiel die Bühnenpräsenz von Langzeitintendant Harald Serafin oder Karl Moik, dessen Musikantenstadel er nicht nur einmal live erlebte. Für die vielen Reiseleiter*innen, Mitarbeiter*innen und Freunde der Kneissl Touristik war er ein verlässlicher Ansprechpartner und Förderer. In den letzten Jahren waren Safaris für ihn nur mehr im Internet möglich, das Interesse an „seinen“ Themen blieb unverändert stark. Mit Freunden und Familie genoss er gepflegte Gasthausbesuche, noch am 30. August konnte er an dem Jubiläumsessen anlässlich 40 Jahre Kneissl Touristik teilnehmen. Nicht mehr teilnehmen kann er an den JubiläumsVorträgen, die am 22.11. im Stadttheater Greif in Wels stattfinden werden. Das Programm wäre ganz nach seinem Geschmack, Fotos aus der Kalahari, ein Vortrag von Michael Martin … Ganz sicher werden die Vorträge in memoriam Christian Kneissl über die Bühne gehen, in Andenken an den visionären Gründer und passionierten Naturliebhaber: „Das Aufhören ist nicht so leicht, wie allgemein bekannt ist“, meinte er lapidar in einem der letzten Interviews – und „vielleicht sehen wir uns im südlichen Afrika“.
Christian Kneissl hinterlässt seine Frau Gertraud, eine Tochter und 3 Enkelkinder – und seine Geschwister Helmut und Elisabeth. Er war Freunden ein loyaler und treuer Lebensbegleiter – sein Lebenswerk und Lebenstraum leben in Kneissl Touristik weiter.