ePrivacy and GPDR Cookie Consent management by TermsFeed Privacy Generator
Zurück zur Übersicht
 

FASZINATION WEIßE WüSTE - WESTERN DESERT IN ÄGYPTEN

VON ELISABETH KNEISSL-NEUMAYER

 
Starte Diaschau
(C) Elisabeth Kneissl-Neumayer (C) Elisabeth Kneissl-Neumayer (C) Elisabeth Kneissl-Neumayer (C) Elisabeth Kneissl-Neumayer
 

Als vor mehr als 19 Jahren die ersten großartigen Bilder aus der Weißen Wüste Ägyptens auch in Österreich zu sehen waren, war es für uns klar, dass wir dieses Naturschauspiel ins Programm aufnehmen müssen. Eine Kollegin von mir - Isolde Spitzbarth - und ich machten uns zu zweit mit dem Mietwagen auf den Weg, um künftige Tourenmöglichkeiten auszukundschaften, Campingplätze zu suchen etc. Seit diesem Zeitpunkt veranstalten wir ErlebnisReisen in den Oasenbogen westlich des Niltals.

Nach 19 Jahren wollte ich es heuer im Februar wieder wissen und - nach mehreren Campingtouren als Reiseleiter vor vielen vielen Jahren - diesmal als Tourist fotografierend die Wüste erkunden.

Meiner Ansicht nach bester Ausgangspunkt für diese Reisen ist Alexandria im Nordwesten des Nildeltas - eine leider in die Jahre gekommene ‘Grand Dame’, die einstmals (erste Hälfte des 20. Jh.) sicherlich neben Beirut zu den großen Levante-Metropolen zählte. Damals haben ihr gefeierte Schriftsteller wie Lawrence Durrell zu Füßen gelegen. Viel wäre zu renovieren und wieder herzurichten (wenn nur das ‘liebe Geld’ da wäre), einiges ist schon jetzt sehr sehenswert: wie die arabische Festung Qait Bey im Hafen, die bezaubernden Montazah-Gärten und natürlich der fantastische Neubau der Biblioteca Alexandrina. Ein ‘Alien’ inmitten der Bauten des 19./20. Jh. - großartige moderne Architektur, die an die in der Antike größte und bedeuendste Bibliothek erinnern will. Alexandria sah sich immer als die intellektuelle Größe im Land, vor allem im Vergleich zu Kairo.

Der Weg Richtung Marsa Matruh - Ausgangspunkt für die Fahrt entlang des Oasenbogens über Siwa bis Luxor - führt entlang der mit zahllosen Hoteldörfern für die ägyptische Mittelklasse verbauten Mittelmeerküste, oder parallel zur Küste nach Abu Minas - dem ‘Lourdes der Antike’. Hier stand einst die ‘Stadt aus Marmor’, wo über dem Grab des Hl. Minas heiliges Wasser entsprang. Ausgrabungsarbeiten haben die größte Pilgerstadt der Spätantike freigelegt, doch wie bei vielen anderen Grabungen fehlt das Geld - trotz allem ist es für historisch Interessierte ein lohnender Abstecher.

Das erste ‘Auftreffen’ auf die Wüste - der Weg von Marsa Matruh nach Siwa - ist so gar nicht das, was man sich landsüblich romantisierend vorstellt: Eine perfekte Asphaltstraße führt durch fast brettlebenes Gelände (Stein- und Kieswüste) in die Depression von Siwa, mehr als 300 km weit. Doch sobald man wenige Kilometer vor dem Hauptort in die eigentliche Oase hinunterfährt, wird man mit ersten herrlichen Ausblicken auf den großen Siwa-See im Westen und die steilansteigenden Kuppen inmitten der Oase belohnt. Am Eingang zum Hauptort thront der Djebel al-Mawta - der Totenberg, in dem einige recht interessante Gräber aus der Spätzeit zu finden sind. Besonders sehenswert ist das Grab des Si-Amun aus dem 3. Jh. v.Chr., das sehr fein gearbeitete Fresken aufweist. Mitten in der Stadt erhebt sich die alte Wohnburg von Shali, in der einst fast wabenartig die Menschen in mehrstöckigen Häusern, durchzogen von engen, überdachten Gassen gelebt haben. Mehrtägiger sintflutartiger Regen hat in den 20-er Jahren des 20. Jh. diese gewaltige Wohnburg zerstört - aber auch als Ruine übt sie eine Faszination auf den Besucher aus. Die UNESCO überlegt hier eine Wiedererrichtung... Wenige Kilometer außerhalb des Ortes - inmitten der weiten Oasengärten (vor allem Palmen und Olivenbäume, gespeist von mehr als 300 natürlichen Quellen) - ragt der aus der Antike berühmte Orakelberg auf. Noch bevor Delphi zu Ruhm gelangte, wurden hier Weissagungen gemacht - das zog sogar Alexander den Großen bis hierher nach Siwa! Das Orakel sollte seine göttliche Abstammung und damit seine Thronansprüche auf Ägypten bezeugen. Sonst hat Siwa noch zahlreiche Berber-Traditionen bewahrt, da die Oase von Nachfahren eines Berberstammes bewohnt wird, die auch noch immer einen Berberdialekt sprechen.

Ab Siwa beginnt das Abenteuer pur - die Strecke nach Bahariya, zur nächsten Oase - ist hin und wieder asphaltiert, zu einem nicht unwesentlichen Teil aber Piste, für die man auch ein spezielles Permit be-nötigt, das Wochen vorher besorgt wird. Man fährt am Rande der Ausläufer des Großen Sandmeeres - zahlreiche Dünen begleiten uns, bis die Landschaft von Zeugenbergen dominiert wird. Wer sich die Zeit nimmt, nicht nur rasch durchzufahren, findet Wadis, in denen Millionen und Abermillionen von versteinerten Einzellern (Nummoliten) die Sandböden bedecken, riesige versteinerte Korallenblöcke zu sehen sind und Muscheln aus dem Kalkboden herausragen.

Bahariya ist in den letzten Jahren durch die Funde von ‘goldenen Mumien’ bekannt geworden - eine schöne Oase, die Kairo am nächsten liegt. Da das Grabungsfeld für Touristen geschlossen ist, müssen wir uns mit dem ‘Museum’ (eigentlich eine hässliche kleine Lagerhalle) begnügen, in dem einige Mumien mit ihrem goldenen Gesichtsschutz zu sehen sind. Die Oase ist auch sonst recht reich an historischen Monumenten - die mit farbenprächtigen Fresken ausgestattete Gräber in Qarat Qasr Selim, die Kapellen von Ain al-Muftillah aus der ägyptischen Spätzeit (6. Jh. v.Chr.), sogar ein Alexander-Tempel wird gezeigt, wobei selbst der Wächter dort seine liebe Not hat, einem zu erklären, wo denn da Alexander der Große zu sehen wäre. Richtung Süden (in al-Hayz) liegt die größte römische Garnison, die man begonnen hat auszugraben (leider wie vieles andere eingestellt), und die koptische St. Georgs-Kirche, die gerade fertig renoviert wird.

Hier wird man aber schon von einem ganz anderen Landschaftsbild begleitet - anstelle der weiß-ocker-farbenen Landschaft, die wir bis dato gewöhnt waren, überzieht hier in der ‘Schwarzen Wüste’ bizarrster schwarz-brauner Wüstenlack die einzelnen Berge. Eine ehemalige Kraterreihe ragt fantastisch am Südrand der Bahariya-Senke auf und fasziniert mit herrlichen Ausblicken. Unmittelbar daran anschließend wurde durch ständige Erosion beim ‘Kristallberg’ eine besondere Welt sichtbar - eingestürzte Höhlenwände, die über und über mit Kristallen (u.a. Quarz, Calzit) überzogen sind - meterlange Formationen, die sich hunderte Meter in ein sandiges Tal hineinziehen. Sammelfreunde müssen sich aufgrund der Brüchigkeit nur mit einem Fotoblick begnügen - alles zerbröselt in den Händen!

Nur ca. 40 km südlich des Kristallberges geht es bei den Aqabat-Bergen in die nächste Senke hinunter - in die Oase Farafra: Zielpunkt all der Oasen-Reisenden, die einmal die großartige Landschaft der Weißen Wüste gesehen haben wollen! Früher war hier der Boden eines eher flachen Meeres, auf dem sich vor ca. 1 Mio. Jahren während der Kreidezeit aus den Überresten fossilen Lebens Kalkformationen bildeten. Als sich das Wasser schließlich zurückzog, waren diese fragilen Formationen Sand und Wind ausgesetzt. Die Erosion formte bizarre Pilzgebilde, wie sie heute zu bestaunen sind. Ständig wechselt die Landschaft ihr Aussehen - Sand, Dünen, Geröll und dazwischen die eigenartigen Kalkskulpturen. Der Fantasie sind absolut keine Grenzen gesetzt - manchmal leuchten die weißen Flächen wie Firnfelder in den Alpen, an anderen Stellen sind ganze Berge mit leuchtend weißem Kalküberzug bedeckt. Wer kann, sollte sich mindestens zwei Tage in dieser Region aufhalten - Fotografen noch länger. Die bekanntesten Formationen befinden sich östlich der Straße, u.a. die Pilzgebilde, die ‘Firnfelder’ bei der Akazie, die zeltartigen Gebilde von Cheem sowie die alles andere übertreffenden Figuren von Farha. Westlich der Straße liegen mächtigere Formationen, steil aufragende ‘Obelisken’ wie El Qabur sowie weitere fantasievolle Formationen. Der absolute Traum für Naturliebhaber, Wüsten-Freaks und Fotografen! Wer nach so viel Natur etwas Abwechslung sucht, findet sie im überaus interessanten Museum des Künstlers Badr Abd al-Moghny mit bizarrsten Kunstwerken.

Südlich der Oase Farafra schließt sich nach den Dünenzügen des Kleinen Sandmeeres die wahrscheinlich schönste Oase der Oasenreihe an - Dakhla: mit tiefgrünen Feldern, die von rosa Steilwänden und Sanddünen begrenzt werden. Die malerische Lehmziegelstadt El Qasr war einst der Hauptort der Oase. Schöne Kaufmannshäuser, um deren Renovierung man sich jetzt bemüht, beweisen die ehemalige Bedeutung. Die Oase Dachla umfasst - dank ihrer zahlreichen Quellen (darunter auch Thermalquellen) - ca. 75.000 Einwohner und ist somit eine der größten und wohl auch ältesten in Ägypten. Hier findet man noch kleine Oasendörfer, die aufgrund der traditionellen Architektur und der labyrinthartigen Anlage zu den schönsten Oasenorten Ägyptens zählen. Man spaziert durch wunderschöne, teilweise mit Palmblättern und Lehm gedeckte ‘Tunnelgassen’, die gegen die Hitze des Sommers schützen. Wie in den anderen Oasen gibt es hier auch schöne kleine Eco-Lodges - hier ist besonders die Desert Lodge oberhalb von El Qasr hervorzuheben, in Farafra ist es die schöne Badawiya Lodge, die wirklich einwandfrei betrieben wird!

Bevor es schließlich zum Niltal zurückgeht, quert man noch die Oase Kharga, die aufgrund der vielen Zuwanderer aus dem Niltal schon sehr modern wirkt. Ein Muss ist der Besuch des frühchristlichen Gräberfeldes von Bagawat, aber auch der einzige persische Tempel auf ägyptischem Boden - der Hibis-Tempel. Hier steht ein sehr gutes ****Hotel (Pioneer Kharga), das ein Ausflugsprogramm in die Umgebung anbietet - für alle jene, die sich scheinbar nicht weiter in die Wüste ‘trauen’. 3 - 4 Fahrstunden sind es dann noch durch die letzten Ausläufer der Libyschen Wüste hinunter in das breite grüne Band des Niltals nach Luxor. Nach den wenigen Touristen in der Wüste ein Schock der besonderen Art mit hunderten hupenden Bussen, Massen von Touristen, die sich durch die Sehenswürdigkeiten bewegen. Aber wie o.a. - es gibt ja auch noch das unberührte Ägypten!

 
nach oben