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NATURSCHAUSPIELE SüDNORWEGENS

VON MAG. SABINE SCHALLER

 
Starte Diaschau
Geirangerfjord (C) Oyvind Heen - VisitNorway.com Papageitaucher auf Runde (C) David Havel - stock.adobe.com Moschusochse, Dovrefjell (C) Foto: Archiv Flambahn (C) Hilda Weges - stock.adobe.com Briksdalsgletscher (C) Hilda Weges - stock.adobe.com
 

Steil ist der erste Teil des Anstiegs, der zu den Brutplätzen der Papageitaucher führt, vor und nach uns wandern Menschen, die große Spektive und Objektive tragen. Die Vogelbeobachter sind von Weitem zu erkennen, gewandet in Camouflagekleidung und perfekt ausgestattet. Sie übernachten auf dem Campingplatz der Vogelinsel Runde und gehen Ihrem liebsten Hobby nach, dem Birdwatchen. Das machen wir auch, die Kneissl-Gruppe logiert aber nicht am Campingplatz, sondern sehr stilvoll im schönen Miljösenter - das Umweltzentrum hat sich seit der Gründung 2009 der Umweltforschung und Umweltbildung verschrieben und bietet Forschern verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen Möglichkeiten zur Forschung an. In den Appartements des Miljösenters logieren zu dürfen, ist ein Privileg – die Holzhäuser fügen sich in die raue Inselwelt ein, als ob sie organisch Teil der Insel wären. Die schönen Unterkünfte verfügen über große Fenster in alle Himmelsrichtungen, geschützt im behaglichen und gutausgestatteten Haus kann man an Wind und Wetter teilhaben und sich in den faszinierenden Wolkenformationen verlieren. Runde ist die größte Vogelinsel südlich des Polarkreises. Die Vogelfelsen befinden sich auf der Westseite des Rundefjellet, wo 100-150.000 Vögel ihre Nester haben. Bereits seit 1955 sind die Vögel auf Runde geschützt und im Laufe der Jahre wurden auf und um Runde 4 Vogelschutzgebiete eingerichtet.

Papageitaucher und Co
Wir sind am Nachmittag angekommen, nicht mit dem Boot, nein, über die Straße, denn seit 1982 (ein Meilenstein für die Inselbewohner) verbindet die spektakulär geschwungene und 428 m lange einspurige Rundebrua die Inseln Remøya und Runde. Am Abend unternehmen wir eine erste Wanderung zu den Papageitauchern – freundlicherweise macht unser Busfahrer noch eine Extrarunde und führt uns die paar Kilometer zum Einstieg der Wanderung. Auf gekennzeichneten Wegen und Holzstegen wandern wir eine Stunde durch die Heidelandschaft bergauf, bis wir das Plateau erreichen. Es ist ein ruhiges und respektvolles Kommen und Gehen – und ein Schelm, wer glaubt, dass unser kleines Grüppchen allein sein würde mit den Papageitauchern. Die Klippen sind steil und der letzte Abschnitt ist eine kleine Kletterei hinunter zum Rand der Klippe, die abgesperrt ist. In einem breiten Bogen steht die stille Menschengruppe und beobachtet das Treiben. Fasziniert suchen auch wir uns einen Platz und beobachten die anfliegenden und abfliegenden Papageitaucher, die ihren Nachwuchs versorgen. Im Sommer brüten Papageitaucher an den steilen Klippen, üblicherweise an den gleichen Orten, wo sie selbst geschlüpft sind. Ab Ende August geht es für die Tiere dann wieder aufs offene Meer, wo die Papageitaucher außerhalb der Brutzeit leben. Wir haben zum Glück in Norbert einen echten Vogelexperten von BirdLife als Reiseleiter, der uns über die Lebensbedingungen der Vögel erzählt und uns Einblick gibt in ein perfekt abgestimmtes ökologisches System. Wir staunen, fotografieren, können uns nicht satt sehen an den lebhaften Vögeln, die allein, zu zweit, zu dritt posieren, unbeschreiblich kühn heranfliegen und landen. Weder in Island noch in Schottland konnte ich Papageitaucher so nah beobachten. Die begeisterten Beobachter sind diszipliniert, ruhig, dafür sorgen schon die vielen Birdwatcher, Filmer, Fotografen – wir staunen über ein Regelwerk, das sich Jahr für Jahr wiederholt. Papageitaucher leben nach der Brutzeit permanent im Meer. Die Jungvögel sind Nesthocker und müssen von den Eltern gelockt, verführt werden, um erste Flugversuche zu machen. Das können wir Mitte Juli noch nicht beobachten, wir sehen die unermüdlichen Elternvögel mit mehreren Fischen im Schnabel heranfliegen und im Bau verschwinden. Der Schnabel des Papageientauchers ist ein Wunder der Evolution, er kann aufgrund der Struktur seines Kiefers und der Zacken an der Innenseite seines Mundes zahlreiche Fische tragen. Wir bleiben ein paar Stunden, bis wir um 22.00 Uhr wieder den Abstieg nehmen, es ist noch hell, die Dämmerung wird erst in einer halben Stunde einsetzen - unterwegs beobachten wir Skua, die zur Familie der Raubmöwen gehören, mit 58 cm die größte Raubmöwe. Das Elternpaar ist nicht begeistert über uns Wanderer und zeigt uns deutlich die Grenzen. Bei der Wanderung in den Abendstunden am Tag darauf werden wir mit unseren Ferngläsern von Ferne zwei Kücken ausmachen, die im Gras versteckt und perfekt angepasst an die Umwelt, kaum zu sehen sind. Sehr gut vorbereitet beobachten wir bei der Bootsfahrt in kleinen Gruppen die Vogelfelsen vom Wasser aus. Sie beginnt am Hafen von Runde und führt nach Westen um Måganeset, wo die Vogelklippen, Rundebranden und Lundeura in Sicht kommen. Der Vogelberg in Runde beherbergt Kolonien von Papageitauchern, Tölpel, Dreizehenmöwen, Tordalken und Trottellummen - auch stolze Seeadler lassen sich blicken ... Begleitet ist die Bootsfahrt vom lebhaften Geschrei der Vögel und fasziniert beobachten wir, wie Basstölpel auf der Suche nach Nahrung steil ins Meer stoßen, mit bis zu 100 km/h – anatomisch perfekt dafür gebaut!

Gletscher, Hochebene und Moore
Die 2 Tage auf Runde sind das Herzstück dieser NaturReise, die davor und danach viele weitere berührende Naturbegegnungen bereithält: Die Fahrt mit der Bergenbahn über die karge Hochebene der Hardangervidda und mit der Flåmbahn nach Flåm, wo wir zum ersten Mal die riesigen Kreuzfahrtschiffe am Aurlandsfjord sehen. Die Größenverhältnisse sind gigantisch verschoben und wir werden die „kleinen“ Schiffe von Hurtigruten und Havila schätzen lernen, die wir später vom Hotel aus am Romsdalsfjord von Molde vor einem großartigen schneebedeckten Gebirgspanorama ein- und ausfahren sehen. Davor beeindrucken die imposante Wanderung zur schon stark geschwundenen Zunge des Briksdalsgletschers, allein die Wanderung mit Wasserspielen, vielfältiger Flora und dem schönen Gletschersee sind ein großes NaturErlebnis … Vom Dalsnibba zeigt sich unscharf der Geirangerfjord, die Aussicht ist wegen des durchwachsenen Wetters nicht strahlend, dafür mystisch so wie die spätere Schiff-Fahrt über den Fjord. Ein weiteres Highlight ist der Dovrefjell NP, wo wir uns mit Rangern auf die Suche nach Moschusochsen machen … auch hier ermöglicht erst eine ca. 2-stündige Wanderung über das Dovrefjell, bei der wir den einen und anderen Bach queren, den ersehnten Blick auf einen Moschusochsen, der unerwartet unseren Weg kreuzt. Die Ranger haben uns auf Verhaltensweisen eingeschworen: ruhig bleiben, zusammenbleiben, leise sein, … Mit dem Spektiv und unseren Ferngläsern verfolgen wir den Weg des Bullen, der sich inmitten eines Bachlaufes von uns unbeeindruckt ausgiebig von allen Seiten zeigt. Die Unterwolle des Moschusochsen ergibt eine exquisit weiche und überaus warme Wolle - unsere Ranger vertreiben Strickwaren und auch getrockneten Schinken. Wir lernen: Der Moschusochse ist die letzte überlebende Art einer ganzen Gruppe von Hornträger-Arten, die es nur deshalb noch gibt, weil sie so gut an das Leben in kalten Gegenden angepasst sind. Und ja, der „Ochse“ ist eindeutig mit Schafen oder Ziegen verwandt … Wieder ein anderes Biotop ist das Fokstumyra Naturreservat, das größte Hochmoor Europas, das wir über viele Laufmeter von Holzstegen und dann wieder von Stein zu Stein balancierend erkunden. Ein Elch zeigt sich von Ferne, viele Vögel, u.a. ein wunderschöner Höckerschwan oder Singschwan mit orangerotem Schnabel, die Kornweihe und das Blaukehlchen, dazu in der Ferne ein seltener Kronenkranich! Vom Moor geht es zum Gletscher und das in wenigen Stunden. In der Nähe von Lom (natürlich würdigen wir auch die wunderschöne Stabkirche) geht es im Jotunheimen NP zum Fuß des Galdhøppigen, des höchsten Berges Norwegens (2.469m). Von der Juvasshytta, einer schönausgebauten Schutzhütte, werden weitläufige hochalpine Gletschertouren unternommen – wir machen eine thematische RundWanderung in der Nähe der Hütte und erfahren alles über die Geschichte und Struktur der Gletscherlandschaft. Ein spektakulärer Eistunnel (nichts für Klaustrophobiker) führt uns viele Meter ins Eis, eine faszinierende und ausgesetzte Erfahrung, die uns die Fragilität und Gefährdung dieses Naturraums vor Augen führt. Dass die abendliche Elchsafari in der Nähe von Lillehammer dann wetterbedingt eher eine Regensafari wird, ist eine andere Geschichte. Wahr ist, dass am Tag davor die Elche und Rentiere eine fröhliche Party gefeiert haben sollen, bei besten Bedingungen – wir glauben es und freuen uns tropfnass über weit entfernte Anblicke von (wildlebenden!) Rentieren und einer Elchkuh.

Sehr begeistern uns auch die kulturellen Highlights wie die architektonisch interessante Hauptstadt Oslo, die Stadt mit Jugendstilelementen Ålesund, die bezauberndeHafenstadt Molde. Der starke Gegensatz von Stadtkultur und unterschiedlichsten Landschaften wie Hochebene, Küste, Fjorden, Moor, Gebirgslandschaft macht diese Reise zu einer faszinierenden Skandinavienerfahrung. Und ja, das wichtigste Utensil dieser NaturReise ist wohl ein sehr gutes Fernglas - bitte nicht vergessen!

 
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