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ROM - IMMER WIEDER ROM!

VON MAG. LEO NEUMAYER

 
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Egal, wie man anreist. Egal, wann man nach Rom kommt.
Überraschende Erlebnisse, Abenteuer warten mit Gewissheit.
Natürlich ist es ein Wiedersehen, im Lauf der Jahre ein gar nicht so seltenes.
Also könnte ich Rom ja kennen und ich kenne es.
Und ich kenne es nicht - jedes Mal entdecke ich Neues!

Und dann Eintauchen in die Stadt, die ewige, die gegenwärtige, die tote, die höchst lebendige. Viel Vergangenheit und intensive Gegenwart und ebenso viel Zukunft hoffentlich.

Ingeborg Bachmann meinte:

„Die Faszination: Rom als offene Stadt, keine ihrer Schichten kann als abgeschlossen betrachtet werden, sie spielt alle Zeiten aus, gegeneinander, miteinander, das Alte kann morgen neu sein und das Neueste morgen schon alt. Die Vitalität Roms als Faszination, die Utopie, ein messaggio (Botschaft).“

Wie an Rom, die vielgestaltige Stadt, herangehen?
Sie wurde bekanntlich auf sieben Hügeln errichtet.
Also greife ich sieben Aspekte „meines“ Rom heraus.
Willkürlich gewiss, aber irgendwie muss ich dieser Stadt ja beikommen…

Kirchen – Plätze – Brunnen – Menschen – Stadtteile – Lokale – Friedhöfe

Rom ist eine Stadt der Kirchen und der Kirche (der römisch-katholischen vornehmlich). An die 1000 sollen es sein – darunter altehrwürdige wie die Lateranbasilika, überaus bedeutsame – an erster Stelle natürlich der in seiner Größe und Majestät überwältigende Petersdom. Aber auch Oasen der Ruhe in der Hektik dieser Stadt, z.B. Santa Maria di Trastevere im beliebten Ausgehviertel. Auch die verschiedenen Nationen haben hier ihre geistig-religiösen Zufluchtsorte, etwa für die Deutschsprachigen Santa Maria dell’Anima gleich neben der Piazza Navona. Der Sonntagsgottesdienst ist auch der wichtige wöchentliche Treffpunkt!
Viele, sehr viele Kirchen besuche ich in Rom. Teilweise beeindrucken sie mit wunderbaren Kunstwerken der größten Künstler ihrer Zeit (Michelangelo, Bernini, Borromini, Caravaggio…), teils wirken sie in ihrer Schlichtheit, Ruhe und Ausstrahlung.
Ich kenne Menschen, die in Österreich einen großen Bogen um Gotteshäuser machen – in Rom gehen sie selbstverständlich und ganz freiwillig hinein.
Alois Brandstetter kommt mir in den Sinn, wenn er über die Kunst, die Architektur sinniert: „Die wahre Kunst ist ja an sich zur Hälfte Religion. Die großen Baumeister von Kirchen waren nicht nur Christen, sondern sogar Theologen, jedenfalls geistig hochstehende Menschen.
Ein guter Bau ist eine fortgesetzte Wohltat für die Menschen. In einem solchen Bauwerk teilen sich immer und immer wieder der Geist und die Liebe des Baumeisters mit.“

Rom ist auch eine Stadt der schönen, spektakulären Plätze ebenso wie der ruhigeren, weniger bekannten Rückzugsgebiete.
Natürlich kommt man zu Recht nicht am grandiosen elliptischen Oval des Petersplatzes vorbei - allein durch das Säulenspalier zu wandeln mit immer wechselnden Ausblicken auf den Platz, den Petersdom, den Vatikan, ist ein Erlebnis, ein Genuss!
Es gibt auch profanere Plätze, etwa die berühmte Piazza Navona mit drei Brunnen, der herrlichste in der Mitte, der Vier-Flüsse-Brunnen Berninis und geschlossener Bausubstanz rundum.
Ebenso besuchenswert ist die Piazza della Rotonda mit Pantheon und ägyptischem Obelisk, der sich über einem Brunnen erhebt.
Nicht versäumen sollte man auch den Campo dei Fiori mit Blumenmarkt am Morgen, den vielen Restaurants und der Statue des Giordano Bruno.
Ganz anders die Piazza di Santa Maria in Trastevere - so schön wie das Viertel selbst. Tagsüber oft recht ruhig, dafür des Abends umso belebter und ein kulinarisches Zentrum der Stadt.
Fast wie eine Theaterkulisse scheint die Piazza del Popolo mit Ausblick
auf die Grün- und Parkbereiche des Pincio-Hügels, eingerahmt von Kirchen (u.a. Santa Maria del Popolo mit Caravaggio-Gemälden) mit zentralem Brunnen, wieder mit Obelisk.

Einzigartig und langlebig ist die Beziehung der Römer zum Wasser – es war ein Geschenk der Götter und jede Quelle hatte ihren Schutzgott, eine Wassernymphe.
Die Zahl der Brunnen in Rom geht in die Tausende, inklusive der sogenannten Nasoni – kleine eiserne Trinkbrunnen mit gebogenen, nasenförmigen Ausflussrohren, aus denen Tag und Nacht Wasser läuft.

Der römische Brunnen           Conrad Ferdinand Meyer
Aufsteigt der Strahl und fallend gießt
Er voll der Marmorschale Rund,
Die, sich verschleiernd, überfließt
In einer zweiten Schale Grund;
Die zweite gibt, sie wird zu reich,
Der dritten wallend ihre Flut,
Und jede nimmt und gibt zugleich
Und strömt und ruht.

Der bekannteste Brunnen in Rom ist ohne Zweifel der Trevi Brunnen – auch der größte, Touristenmagnet, verewigt in Film, Literatur und Malerei.
Die Piazza Navona wartet mit nicht weniger als drei wunderschönen Brunnen auf: Vierflüsse-, Neptun- und Mohrenbrunnen.
Auch der Barkassenbrunnen – Fontana della Barcaccia – zählt zu den bekanntesten in Rom. Mit seiner Bootsform soll er angeblich an die Überschwemmung des Tibers im Jahr 1598 erinnern. Gelegen ist er ganz prominent platziert unterhalb der Spanischen Treppe.
Auf der Piazza Barberini fällt einem der Tritonenbrunnen ins Auge.
Vor dem Pantheon befindet sich die Fontana di Piazza della Rotonda mit ägyptischem Obelisk.
Und besonders schön in edelster Lage die beiden symmetrisch angeordneten Brunnen auf dem Petersplatz.
Daneben gibt es viele kleinere, dennoch oft spektakuläre Wasserspiele, aber auch solche, wo man – oft zu Unrecht – gedankenlos vorbeigeht.

Aber Leben und Dynamik, Charme und Esprit bringen nur Menschen!
Die Römerinnen und Römer habe ich fast immer als nett, freundlich, auch chaotisch, und laut erlebt.
 
Und vielleicht geht es einem, wenn man länger hier verweilt, ein wenig wie einst Johann Wolfgang von Goethe:
„Ich kann sagen, daß ich nur in Rom empfunden habe, was eigentlich ein Mensch sei. Zu dieser Höhe, zu diesem Glück der Empfindung bin ich später nie wieder gekommen.“

Und „unsere“ Ingeborg Bachmann („Was ich in Rom sah und hörte“ 1955) meinte:
„Besser tot in Rom als halbtot in München.“
„Sehen Sie! Das sind noch Menschen! Nein, in Deutschland möchte ich nie mehr leben, da sieht einen ja niemand an, niemand nimmt einen wahr. Alle sind sie in sich verschlossen, jeder ist nur mit sich allein beschäftigt."

Rom hat wunderbare Viertel mit unterschiedlichem Charakter, durch die man schlendern, wandern kann. Ob man alles strategisch durchgeplant hat oder sich einfach treiben lässt – immer ist man auf Entdeckungsreise.
Natürlich gibt es zuerst das historische Zentrum (Centro Storico) mit Geschichte und Sehenswürdigkeiten bei jedem Schritt – Antike, christliches und heutiges Rom in faszinierendem Mit- und Durcheinander.
Antike, Renaissance, Barock stehen in größter Selbstverständlichkeit nebeneinander, teils ineinander.
Campo dei Fiori, Piazza Navona und Pantheon sind nur einige der Höhepunkte.
Die Gassen und Straßen mit Kopfsteinpflaster sind oft schmal, gewunden – fast ein Labyrinth.
Im Viertel Colosseo ist der Ursprung von Rom, einst Zentrum der Welt!  Es sind die antiken Bauwerke, welche besonders sehenswert sind: Kolosseum, der Palantin, Forum Romanum und Circus Maximus.
Der größere Teil der Sehenswürdigkeiten liegt auf der östlichen Seites des Flusses Tiber (Tevere) – außer Vatikan, Engelsburg und Trastevere.
Auch wenn der Vatikan ein souveräner Staat ist, in der Praxis kann man ihn besuchen wie andere Teile Roms. Fast seine gesamte Fläche wird vom Petersplatz, den Vatikanischen Museen und den Vatikanischen Gärten eingenommen.
Über die Straße der Versöhnung (Via della Conciliazione) geht es zum Tiber, zur Engelsburg und Engelsbrücke.  
Einst war das Viertel Trastevere auf der "anderen" Seite des Tibers ein Arbeiterviertel, außerhalb des Zentrums. Das hat sich mehr und mehr geändert, es wurde ein Anziehungspunkt für Einheimische und Fremde. Nachts wird es hier geschäftig und lebendig.
Rund um die Piazza Santa Maria warten unterschiedlichste Bars, Restaurants, Cafés auf die vielen Besucher.
Es ist nach wie vor eines von Roms buntesten und lebendigsten Viertel Roms.

Etwas südlich vom antiken Rom liegt das Viertel auf dem Aventin – eine eher ruhige, schöne Wohngegend mit einigen eindrucksvollen Kirchen, Aussichtspunkten (z.B. Santa Sabina). Auch das bekannteste Schlüsselloch mit der Aussicht auf die blütenumrankte Kuppel des Petersdomes lockt dort.
Immer wieder verändert sich die Stadt in immer neuer Dynamik, bisher kaum beachtete Gegenden sind plötzlich „in“ und ziehen immer mehr Menschen an – z.B. die Testaccio-Gegend, jetzt beliebte Gegend zum Ausgehen in Rom mit Bars und typischen Restaurants.
Daneben gibt es noch völlig unbekannte Stadtteile ohne Tourismus, aber mit typischem Ambiente. Dort kann man das unverfälschte Leben der Menschen auf sich wirken lassen mit Hautplatz, Markt, Lokalen - oft wie ein intaktes Dorf in der Stadt.

Essen und Trinken sind natürlich immer wichtig – in Rom vielfach ein Fest.
Traditionell unterschied man zwischen Osterias (früher ein eher bescheidenes Restaurant, heute ein neuer Typus mit einfachen, oft innovativen Gerichten), Trattorien in (traditionell, eher schlicht), Restaurants (eleganter und teurer) und Enotecas (erlesene Weine stehen im Zentrum des Interesses, es gibt meist auch Kleinigkeiten zu essen). Daneben gibt es natürlich traditionelle Kaffeehäuser – berühmt ist besonders das Café Greco in der Nähe der Spanischen Treppe, ein Muss auf den Spuren von Goethe, Nietzsche, Kauffmann…
Selbstverständlich sind Pizzerien - sie bieten meist einige Nudelgerichte, Salate sowie verschiedene Pizzas.
Ein Erlebnis besonderer Art und für mich ein „Muss“ ist das Café Canova Tadolini zwischen Piazza del Popolo und Spanischer Treppe.
Ein Künstler-Atelier, das liebevoll in ein Restaurant umgewandelt wurde. Man sitzt inmitten von Statuen, Gipsabdrucken, Fotografien in gepflegter Atmosphäre.

Es gibt unzählige schöne Orte und Plätze zum Essen und Trinken, das gastronomische Angebot ist unüberschaubar.
Am besten man unternimmt eine eigene Entdeckungsreise.
Ich fand „mein“ ideales Lokal nahe der Chiesa nuova unweit der Piazza Navona.
Ein Familienlokal wie aus dem Bilderbuch: zwei Brüder führen es, die Mutter arbeitet, schon betagt, noch täglich in der Küche, bei Bedarf hilft eines der Kinder.
Immer habe ich hier köstlich, preiswert gegessen und getrunken mit einem Grappa als Draufgabe. Für mich war ein Rombesuch ohne einen Besuch bei „Da Mario“ undenkbar.
Bis es eines Tages nicht mehr da war. Das heißt das Lokal war noch da, aber neu übernommen und dessen beraubt, was für mich ein Stück Heimat war in Rom. Nun bin ich auf der Suche nach würdigem Ersatz – und sehr zuversichtlich.

Manchmal sind Friedhöfe Oasen der Ruhe im Großstadtlärm. So auch in Rom.
Drei möchte ich herausgreifen: den weitläufigen, parkähnlichen Cimitero del Verano im Viertel Tiburtino mit Gräbern von Marcello Mastroianni, Luchino Visconti, Vittorio De Sica, aber auch des Freiheitskämpfers Garibaldi.

Hochinteressant ist der Protestantische Friedhof (auch: Friedhof der Nicht-Katholischen) hinter der Cestus-Pyramide mit Gräbern der Söhne von Wilhelm von Humboldt, der englischen Dichter Keats und Shelly, auch Goethes Sohn ist hier bestattet.

Im Vatikan auf der Rückseite des Petersdomes befindet sich der Campo Santo Teutonico, der Deutsche Friedhof.
Wenn Massen in den Petersdom strömen, ist man hier, nur wenige Schritte weiter, in einer eigenen beschaulichen Welt ganz eigener Prägung. Zwischen Grün, Palmen und Zypressen ruhen Menschen aus dem deutschen Kulturraum, die in Rom den Tod fanden. Viele Priester, Ordensleute, aber auch Künstler wie die beiden Schriftsteller Stefan Paul Andres und Johannes Urzidil.

In Rom ist man dem Himmel nahe, auch wenn man – Gott sei Dank – höchst lebendig ist.

Um nochmals bei Ingeborg Bachmann zu bleiben:
„Am meisten fesselt mich vielleicht die große Vitalität Roms, die das Alte mit dem Neuen auf eine so unbegreifliche Weise zu verbinden versucht. Der wirkliche Grund für das Bleiben ist natürlich nicht zu erklären. Liebe zu einer Stadt und ihren Menschen ist eben Liebe.“

 
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